Zukunft

Keimfrei durch den Klinik-Alltag

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Autorin: Dörte Rahming

Das Stralsunder Unternehmen GWA Hygiene GmbH revolutionierte die Händedesinfektion in Krankenhäusern. Nächste Ziele: Die Sicherheit rund um das Patientenbett erhöhen und die Arbeit des Pflegepersonals erleichtern.

Die Feinde sind winzig und lauern im Krankenhaus überall: Bakterien und andere Keime. Nicht alle Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, Therapeutinnen und Therapeuten sowie Besucherinnen und Besucher desinfizieren sich oft genug die Hände. Das beobachtete ein Student der Wirtschaftsinformatik aus Stralsund und entwickelte daraus – gemeinsam mit zwei Kommilitonen – ein System, um diese Vorgänge zu kontrollieren. Zwei Jahre danach gründeten die drei die GWA Hygiene GmbH.

Hygiene und Digitalisierung im Krankenhaus sind Teamsport.

Tobias Gebhardt

Das Prinzip: Jeder Desinfektionsmittel-Spender in einer Klinik wird mit einem Sensor ausgerüstet, jeder Mitarbeitende trägt ein elektronisches Gegenstück bei sich. Beim Vorbeigehen werden die Daten anonym erfasst, an ein firmeneigenes Netzwerk übermittelt und dort ausgewertet – aufgeschlüsselt für jede Station. Besonders wichtig: Das Pflegepersonal muss in den Prozess einbezogen werden, weiß Innovationsmanager Tobias Gebhardt, der heute Geschäftsführer der GWA Hygiene GmbH ist. „Hygiene und Digitalisierung im Krankenhaus sind Teamsport.“, sagt Tobias Gebhardt.

Unterstützung für das Start-up

Tobias Gebhardt, Geschäftsführer GWA Hygiene GmbH, hat noch studiert, als er sein Unternehmen mitgegründet hat.

Hardware und Software gehen dank GWA in medizinischen Einrichtungen Hand in Hand.

Die Nutzung des Desinfektionsmittelspenders wird anonym erfasst.

Bevor die Studenten 2015 ihr Unternehmen gründeten, erhielten sie das Exist-Gründungsstipendium aus dem EU-Exist-Programm, das gemeinsam mit der Hochschule Stralsund beantragt wurde. Später bekamen sie weitere Fördermittel vom Land MV. In Ideenwettbewerben machten sie ihr Vorhaben bekannt und knüpften Kontakte zu potenziellen Kunden. „Die Verantwortung wurde immer größer, gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch gegenüber unseren Kunden, Partnern und Investoren“, erinnert sich Tobias Gebhardt. „Aber wir haben sehr viel gelernt. Ich möchte mit niemandem tauschen, der früher im Hörsaal neben mir gesessen hat. Denn dieser Erfahrungsschatz ist für mich eine enorme Bereicherung.“

Neues Motto: Finden statt suchen

Über die Jahre ist neben dem Kampf gegen Keime ein weiterer Punkt in den Fokus gerückt: Die Erleichterung der täglichen Abläufe für das Pflegepersonal. Die Fachkräfte – oft ohnehin zu wenige – haben mehr Aufgaben als genug zu bewältigen. „Das Stresslevel liegt sehr hoch, da wird manchmal die Hygiene vernachlässigt“, weiß Tobias Gebhardt. Das Pflegepersonal verbringe z.B. viel Zeit mit der ineffektiven Suche nach bestimmten Gegenständen, freien Betten oder spezialisierten Kollegen – die Arbeit abseits des Patienten nehme zu. „Wir wollen mit technischen Lösungen Abhilfe schaffen. Das macht auch den Beruf attraktiver, denn heutige Generationen wachsen mit Smartphones und Co. heran. Die möchten an ihrem Arbeitsplatz nicht die Technik des letzten Jahrhunderts vorfinden.“

Heutige Generationen wachsen mit Smartphones und Co. heran. Die möchten an ihrem Arbeitsplatz nicht die Technik des letzten Jahrhunderts vorfinden.

Tobias Gebhardt

Stichwort Smart Hospital

Deshalb entwickelt die GWA nun digitale Systeme, die den Bereich rund um das Patientenbett analysieren: Ist es frei oder belegt? Hat jemand, der dorthin geht, sich die Hände desinfiziert? Diese Plattform-Technologie ist erweiterbar, etwa um Sturzerkennung oder die Erfassung von Umgebungsfaktoren wie Temperatur oder Luftfeuchtigkeit. In der Regel werden Lösungen zusammen mit den Kunden entwickelt – genau nach deren Bedarf.

Mit seiner Firma GWA sagt Tobias Gebhardt der Verbreitung von Krankenhauskeimen den Kampf an.

Internationales Unternehmen

Nach nunmehr acht Jahren auf dem Markt hat die GWA ihren Kundenkreis auf 16 Länder ausgeweitet. „Von Finnland bis Portugal“, sagt Tobias Gebhardt. „Ein Projekt wurde sogar in Mexiko realisiert.“ Hauptsächlich sind es Kliniken und Pflegeeinrichtungen, die die Produkte aus Stralsund nutzen. Inzwischen arbeiten 38 Angestellte im Unternehmen, darunter Ingenieurinnen und Ingenieure, Mathematikerinnen und Mathematiker, Software-Entwicklerinnen und -Entwickler sowie Daten-Analystinnen und -Analysten. Einige haben ihren Arbeitsplatz weit weg von Stralsund und kommen nur manchmal in die Hansestadt. Andere wiederum sind von weit her in die Hansestadt Stralsund bzw. in das Umland gezogen: „Wir haben zwei Mitarbeitende aus Brasilien, die über ein IHK-Programm zu uns gefunden haben.“

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